Es ist immer noch wie in einem Traum, wenn ich morgens mit der Katze im Pool am Rand chille und die Vögel zwitschern, es weht ein laues Lüftchen und wir gucken auf den See mit den Palmen.
Einige Fische gucken um die Ecke und wir wissen auch nicht so richtig, erkennen die uns wieder? Immerhin gibt die Katze regelmäßig Futter, dass es für ein paar Baht im Tierfutterladen im Ort gibt und erfreut sich dann an den wilden Schlachten im Wasser um die zugeworfenen Futterpillen.
Und dann denk ich mir, was sind wir privilegiert, wir sitzen hier im Paradies, während Menschen die man gut kennt, in Deutschland jeden Tag Dinge ohne intrinsische Motivation tun müssen. Für Geld, von denen ein großer Teil in Form von Steuern wieder geraubt wird und wo sie zuschauen können, wie der Rest unter den Folgen der Inflation dahin schmilzt.
Ich will das alles nicht mehr. Neben den politischen Problemchen, mit denen man einen eigenen Artikel füllen kann, würde ich mich auch nicht mehr wohlfühlen mit diesen gestressten und fremdgesteuerten Mitmenschen. Ich bereue keinen Moment, meinen bestbezahlen Job ever in der geilsten Firma meiner Karriere an den Nagel gehängt zu haben und nun so einfach in den Tag hinein leben zu können. Ich kann alles, ich weiß alles, und ich hab ich kein Bock mehr.
Das geht hier von kleinem Geld. Wenn ich etwas produktives tun möchte, dann mache ich Fotos. Alles was ich mache ist frei verwendbar und ich akzeptiere keine Bezahlung, auch wenn es schon vorgekommen ist, dass man mich für meine Kunst bezahlen wollte. Das lehne ich aber ab, wenn ich Geld machen will, programmiere ich wieder irgendwelches Zeug. Spannende Geschichten erlebt man bei den Foto-Sessions, und ich muss erstmal überlegen, ob und wie ich die aufschreiben kann.
Der gesunde Geist wohnt bekanntlich in einem gesunden Körper, und ich spüre dass ich da etwas tun muss. Etwas planschen im Pool morgens und abends reicht da wohl nicht. Ich renne zwar mit meiner Kamera rum die etwa so viel wiegt wie eine Fitness-Hantel und komme dabei ins Schwitzen, aber das ist nicht gemeint.
Es muss etwas regelmäßiges mit Gruppenzwang her. Früher habe ich erst Judo, später Karate gemacht. Dafür bin ich aber schlicht nicht mehr fit genug, wir wollen es ja nicht übertreiben. Irgendwelchen Kraftsport finde ich langweilig und kann mich dafür nicht langfristig motivieren.
Und dann sehe ich morgens am Pool unter den schönen asiatischen Unterständen Miss Yoga. Keine Ahnung wie die wirklich heißt, obwohl sie mich bestimmt gerne kennen lernen möchte. Aber ich hab ja die Katze dabei, die schon die Krallen ausfahren würde wenn mir eine aus dem Haus auf den Pelz rücken würde. Also läuft sie artig mit gesenktem Haupt an mir vorbei wenn wir uns begegnen, wie eine Thai die weiß, was sich gehört.
Ich kann also aus dem Pool sehen, wie Miss Yoga den Sonnengruß macht, um dann in die für mich deutlich interessantere Katze-Kuh-Pose überzugehen. Ob das etwas für mich wäre? Ich denke eher nicht. Der typische Yogi ist aus meiner Wahrnehmung zu esoterisch verschwurbelt und vor meinem geistigen Auge sehe ich mich nicht so richtig bei den angebotenen Veranstaltungen, die hier im öffentlichen Park am Strand stattfinden.
Wie ich da so gerade in der Findungsphase bin spült Facebook gemäß seinem Algorithmus „wir wissen wo Dein Browser steht“ in Kombination mit „wir kennen alle die Du kennst“ plötzlich Aikido in die Timeline. Ausgerechnet Aikido, das waren die Leute beim Training in der Halle neben uns, für die wir nur spöttische Bemerkungen hatten. „Ringelpiez mit Anfassen“ war dabei noch eine der harmloseren. Was den Rest angeht war die Hälfte der anderen Gruppe tatsächlich subjektiv schwul.
Nach dem ersten Abwehr-Impuls eigentlich gar keine blöde Idee. Ich bin aus dem Alter raus wo man sich dauernd verkloppen oder auf der Matte rangeln möchte. Also mache ich mich auf den Weg zum „Marine Martial Arts“ in Sattahip. Für mich einfach zu erreichen, die Sukhumvit runter an der Ausfahrt zum vierten Artillerie Bataillon und dann gleich um die Ecke.
Dort hat sich ein altgedienter Navy Seal sein Dojo gebaut und freut sich auch über internationale Besucher mit denen er englisch sprechen kann. Neben den Jungs in blau oder flecktarn trainieren dort nun seit einiger Zeit auch Zivilisten, dann allerdings im Dogi, also dem traditionellen weißen Kittel.
Ich überlege auch schon, ob das Training dieses speziellen Aikido Stils „Thai-Aikikai“ auch für das neue Destination Thailand Visa passt. Da lasse ich mich dann beraten wenn es soweit ist, vermutlich ist es einfacher mein Rentnervisum zu verlängern.
Soweit ich das bis jetzt sagen kann, macht das dort Laune und ich kann sogar von meinen Vorkenntnissen zehren. Für anstehende Prüfungen gibt’s immer wieder mal einen Grund nach Bangkok zu fahren. Und was Yoga angeht gucke ich dann doch lieber morgens am Pool dem Heraufschauenden Hund auf den Arsch.
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